ALL DEAD! DO NOT ENTER
by Pablo Rojo Salazar
(Exhibtion: ALL DEAD! DO NOT ENTER, 550, Santiago de Chile)
There is a scene in The Walking Dead comic book. The protagonist arrives at a gated community, seeking shelter. By the gate, there is a crudely written sign, covered up in snow. To his misfortune, he soon finds out that the suburb is overrun by zombies, and the sign -we realize when the snow falls- was a warning: “All dead!, do not enter”.
There is a comical wink to this warning, stated at the doors of a gated community. One cannot miss the parody of the classic notice: “private property, do not enter”. As we follow suburban streets, we suddenly find gates and fences. The road continues, but beyond the gates not only the houses are now private, but the whole space they occupy. From outside, one might see the gardens, playgrounds, pools and tennis courts: they belong to the neighborhood, but not to the city. In a way, gated communities function as quarenting spaces. The hedge walls, cameras and guard posts create a cordon sanitaire

around the suburb, keeping the clean and well to do apart from the dangerous hordes from the city. The comic book, however, inverts this image, stating that the dead, after all, live inside.
The following work by Rojo and Kress explores this playful inversion: the un-life of the gated community. Golf clubs, balls and tennis racquets point us to sports that are modestly practiced in the privacy of one’s own neighborhood. If one wants to avoid people using the golf course to play football or make picnics, one needs to wall off several hectares of park. But, similarly, if one needs to keep the tennis ball within the court, it’s necessary to surround it with tall fences. The suburban perimeter functions kind of in the same way: it keeps the strangers outside, and the innocent kids within.
When it comes to thinking this double insulation, the image of the zombie -that is, of the contradictory living-dead-, can become quite illuminating. Within the city, the gated community separates itself from the organism, and like a tumor made of rogue cells that refuse to die, it shifts to its own private agenda. Its metabolism becomes purely internal and, inside, one can indeed feel that certain lack of vitality characteristic of uniformity: the houses look the same, and so do their inhabitants. This does not imply, however, that they are docile. Zombies are dangerous, and in the crushed tennis racquets we can glimpse that, in spite of the white sporting clothes and the fair play aura, the suburban tennis players can get very angry.
In the objects presented one will see, however, that the exercise proposed by the artists does not point to a straightforward and familiar critique of gated communities or suburban life. The work doesn’t rush to snarky remarks about rich people, but rather lingers in the aesthetic aspect of its subject; it communicates simply the way the un-living gated community feels. There is something quite comical about uniformal suburban life; a ridiculous note that should be taken into account by any serious critique of it. Whatever indictments one might draw about privilege and exclusion are left to the viewers. The point of departure of Rojo and Kress’ installation is, after all, a comic book; something reflected by the almost cartoonish confection of the tennis racquets and golf clubs. They invite us to take gated communities a bit in jest: one may very well say “All dead!, do not enter”.
Bittersweet
von Franciska Nowel Camino
(Ausstellung: Picnic vom 10.12.2022 -14.01.2023 Galerie Glaskasten, Klub Solitaer, Chemnitz)
In ihrer Ausstellung Picnic inszeniert das Künstler*innenduo Rojo & Kreß ihre Malereien und Installationen zu einem Gesamtkunstwerk. Dabei bedienen sie sich motivisch und konzeptuell dem Picknick, als popkulturellem Phänomen und Teil einer globalen Kulturgeschichte. Ob während des Kirschblütenfests in Japan, dessen Tradition bis ins 8. Jahrhundert zurückreicht, oder zum persischen Neujahresfest ‚Nouruz‘, das gemeinsame
Speisen im öffentlichen Raum durchquert Jahrhunderte und verschiedenste Gesellschaftsschichten.
Bereits im 18. Jahrhundert konnte das Beisammensitzen im Grünen zum Aufbrechen von sozialen Normen führen: Während der Französischen Revolution wurden die königlichen Parks für die Bevölkerung geöffnet, wodurch überhaupt erst ein öffentlicher Raum entstehen konnte. Seither ist der beliebte Zeitvertreib, ob ritualisiert, improvisiert oder inszeniert ein kulturelles Phänomen, zu dem auch Elizabeth II. anlässlich ihres 90.
Geburtstags einlud – trotz englischem Nieselregen.
Ein wetterunabhängiges Picknick veranstalten Rojo & Kreß nun im Chemnitzer Glaskasten. Die dabei benötigten Picknick-Utensilien malt, formt und baut das Duo in den Ausstellungsraum. Man könnte sagen: Mundgerecht aufbereitet, werden sogenannte Superfruits wie Granatäpfel und Açaibeere serviert, die seit einigen Jahren medienwirksam in aller Munde sind.
Das Künstler*innenduo setzt sich in seiner Ausstellung mit den exotisierenden Narrativen, die um die vitaminreichen Beeren und Früchte ranken, künstlerisch auseinander. Sie wählen etwa die charakteristischen Merkmale des Obstes, wie seine leuchtenden Farben, prallenOberflächen oder Vitamine, als Motiv und Form und weisen ihm einen Platz auf der begrenzten Fläche ihrer metaphorischen Picknickdecke zu. Rojo & Kreß inszenieren, stapeln und legen ihre Superfruits nicht nur zu Stillleben der Gegenwart, sondern auch zu Hauptprotagonistinnen einer Kulturtradition. Dabei machen sie sich den positiven Effekt, den Superfruits beispielsweise auf die Sehkraft haben können, für ihre Kunst zu eigen und spielen mit visuellen sowie appetitlichen Reizen, die etwa von limonengrüner oder pflaumenvioletter Farbe ausgelöst werden. Selten sind ihre Arbeiten ausschließlich zweidimensional: Die Bildträger ihrer Malereien weisen etwa Zacken und Rundungen auf, die das Format eines klassischen Leinwandbildes verformen. Jenes Spiel zwischen scharfen Kanten und weichen Konturen zieht sich durch die ausgestellten Werke. So tauchen die Superfruits – sozusagen als Bild im Bild – in dem großformatigen Gemälde Beauty Day (2022) auf. Formal und farblich verfremdet, in seiner
Komposition jedoch unverkennbar: Édouard Manets berühmtes Frühstück im Grünen (1863). Der Klassiker unter den Picknick-Darstellungen löste kurz nach seiner Entstehung aufgrund der groben Malweise und der zwischen bekleideten Männern dargestellten (fast) nackten Frauen einen Skandal aus. Rojo & Kreß setzten auf ihrem Gemälde nicht nur die Superfruits enthüllt in Szene, sie interessieren sich auch für die Narrative hinter den „super“ Früchten. Beauty Day ist eine Paraphrase und Interpretation Manets, kein Zitat. Das Frühstück im Grünen ist für das Duo eine Bühne, oder, wenn man so will, ein Präsentierteller, der als (kunst-)historische Szene von den Betrachtenden erkannt und individuell interpretiert
werden kann.
Einen ähnlichen Spielraum wählen Rojo & Kreß bei ihren Skulpturen, bei denen ästhetische Referenzen auf den berühmten Marvel-Comic Superman zu entdecken sind. Es sind die charakteristischen Sprechblasen, bauschige Wolken, Blitze und Bewegungsmuster, die aufmerken lassen. Rojo & Kreß interessieren sich beim künstlerischen Aufgreifen eben jener Comic-Ikonografie besonders für die darin zum Ausdruck gebrachten Superkräfte des Superhelden sowie seinem Umgang mit Alltagssituationen. Etwa gibt es im Comic Szenen, in denen Clark Kent seine Dates (ja, neben Lois Lane gibt es andere Frauen an Supermans Seite) zum romantischen Picknick einlädt. Wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass das Picknick nicht nur als günstig und einigermaßen privat, sondern – besonders im prüden US-Amerika – durch den öffentlichen Ort als angemessen unschuldig galt.
Ein weiteres, eindrückliches popkulturelles Beispiel einer Picknickszene ist in der Fernsehserie Mad Man zu sehen. Die fiktive Handlung spielt im New York der 1960er-Jahre und dreht sich um die Mitarbeiter*innen einer Werbeagentur und deren familiäres Umfeld. In der 1. Folge der 2. Staffel leert die perfekte Hausfrau Betty Draper ihre Picknickdecke mit einer schwungwollen, energischen Geste; neben Essensresten fällt auch Müll auf den
gepflegten Rasen. Zuvor hatte ihr Ehemann, der erfolgreiche Werbetexter und Frauenheld Don, die Abfahrt ankündigend, bereits seine leere Bierdose in die Natur geworfen.
Beide Beispiele thematisieren damalige gesellschaftliche Hierarchien und traditionelle Geschlechterrollen. Diese – und so schließt sich die Klammer – leuchten auch in der Werbung der Superfruits auf. Diverse Gesundheitsportale versprechen den Frauen Schlankheit und den Männern Stärke. Und auch die scheinbare Unschuld von Picknick- Szenen finden sich in den Marketingstrategien der Superfuits: Das Image ihrer gesunden Wirkung und Superkräfte übertrumpft die ökologischen Auswirkungen, die durch ihren ausufernden Anbau und die langen Transportwege mitunter entstehen. In Picnic verwachsen diese verschiedenen Erzählungen, die in Schaufenstern ausgestellt und auf Picknickdecken präsentiert werden, mit den saftig-süßen Stereotypen eines gesunden Lebens.


